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ALLONNES gesammelte Bücher

Myriam Jaminion leitet die Mediathek von Allonnes. Ich bitte sie um eine Liste von Belletristik, die sie lose mit Allonnes in Verbindung bringen könnte, frei assoziiert. Von der Banlieue lässt sich offenbar schwer erzählen, ohne karikaturistisch zu werden, jedenfalls falle ihr kein empfehlenswertes Buch ein. Darum lieber weniger Klischee und weitere Kreise.

Joseph Ponthus: A la ligne (2019, Am laufenden Band)

Bandarbeit in bretonischen Fabriken der Lebensmittelverarbeitung: Meeresfrüchte sortieren, Tofu abtropfen, Rinderhälften schieben, in Versen geschrieben. Ausgesucht von Myriam in Erinnerung an die Zeit des Wachstums von Allonnes in Zusammenhang mit der Fabrik von Renault. Mein Lieblingsbuch von dieser Liste.

Houellebecq, egal, welches Buch. Man mag ihn sympathisch finden oder nicht, seine Analysen der französischen Gesellschaft seien großartig, sagt Myriam, ein großer zeitgenössischer Schriftsteller.

Sylvain Tesson: Dans les forêts de Sibérie (2011, In den Wäldern Sibiriens)

Ein Bericht über ein halbes Jahr gewählter Einsamkeit in einer Hütte am Baikalsee. Ich mag Abenteuer- und Reiseberichte, ich schreibe sie selber gern. Dieser ist ein bisschen zu männlich für meinen Geschmack. Interessante Erfahrung: über ein russisches Erlebnis auf Französisch lesen. Ob deutsch, ob französisch, eine Sprache trifft auf eine Welt, die zu einer anderen Sprache zu gehören scheint. Das fällt einem nur in der eigenen weniger auf. Sehr lehrreich.

Phillipe Lançon: Le Lambeau (2018, Der Fetzen)

Der Autor, Journalist bei Charlie Hebdo und Liberatión, hat das Attentat vom Januar 2015 überlebt und beschreibt seine Rekonvaleszenz, die Rekonstruktion seines weggeschossenen Kiefers. Ich verstehe das Buch auf Myriams Liste auch als Verbindung zur linken Pariser Intellektualität und zu ihrem Zusammenstoß mit der Gewalt der Banlieue.

Gaëlle Josse: Une longue impatience (2018)

Eine Frau in der Bretagne wartet darauf, dass ihr Sohn zurückkommt, der zur See gegangen ist. Sie denkt sich das Festmahl aus, das sie ihm kochen wird, sie bestickt eine Decke für die Festtafel. Eine Traurigkeit wie aus einer anderen Zeit.

Cormac McCarthy : The Road (2006, La route, Die Straße)

Es gibt keinen Grund, warum auf Myriams Bücherliste nur französiche Autorinnen stehen sollten, zumal sie findet, dass sie sich in ihrem Schreiben zu oft auf den eigenen Bauchnabel konzentrieren. Myriam ist cooler als ich es bin, was das Lesen postapokalyptischer Literatur betrifft.

Jean Hegland: Into the Forest (1997, Dans la forêt, Die Lichtung)

Auch eine postapokalyptische Erzählung, aber mit weiblichem Fokus. Zwei Schwestern lernen, im kalifornischen Wald zu überleben, sich ihm anzupassen, von ihm nicht mehr so verschieden zu sein.

In den Bibliotheken gehören Krimis zu dem, was nachgefragt wird. Darum zwei französische Autorinnen:

Sandrine Collette: Des nœuds d’acier (2013)

Fred Vargas

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ALLONNES HLM

Grands Ensembles heißen in Frankreich die Großwohnsiedlungen, oder, verbreiteter, Plattenbausiedlungen. Grand Ensemble klingt natürlich größer, heroischer, und so lachen Lars und Udo in Eberswalde, als wir im Brandenburgischen Viertel sitzen und ich den Begriff erwähne. Französische Filmreihen haben sich mit den Grands Ensembles beschäftigt, „vom Symbol der Modernität zu dem des Elends“, darunter „Rue des Prairies“ (1959) und „Mélodie en sous-sol“ (1962) mit Jean Gabin.

HLM, habitation à loyer modéré (Wohnung mit gemäßigter Miete), ganz flüssig gesprochen als Aschelem mit Betonung auf der letzten Silbe, ist eine viel verwendete Bezeichnung für den Plattenbau. Verwendet wird auch ZUP, zone à urbaniser en priorité. Die französischen Architekten Lacaton & Vassal haben 2021 den Pritzker Architekturpreis für ihre kollaborativen Umbauten von HLMs bekommen.

Die Zeichnung zeigt ein Gebäude in Allonnes, Rue Léo Delibes und Rue Emmanuel Chabrier, kurz vor dem Abriss.

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ALLONNES In Kultur baden

Allonnes wird seit den siebziger Jahren und bis heute kommunistisch regiert. In der Tradition der kommunistischen Partei Frankreichs ist die Kultur ein Freund. Tatsächlich ist das dichte Gewebe von leicht zugänglichen kulturellen Angeboten aller Art frappierend, ebenso wie der Zugang zu Sportstätten und Beratungsmöglichkeiten. Jedes Kind soll in einem reichen kulturellen Milieu baden, hat es der ehemalige Bürgermeister Yvon Luby genannt. Der Wille, Arbeiterstadt auf das Recht auf Kultur zu reimen, schreibt Gilles Leproust.

Gespräch mit Gilles Leproust, Bürgermeister von Allonnes: