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KOLDING Rikkes Bücher

Rikke Revsholm´s list of books for Delmenhorst. She carefully chose books that were translated into German:

For the last 15 – 20 years there has been a strong trend in modern Danish literature, where the authors write very much about their own lives and their own upbringing. Often quite harsh stories, but also relatable to people on the level of details where you recognize specific brands of candy, certain songs, ways of dressing etc in the detailed writing and pinpoint the time and place by these things that we all experienced.

One writer is Erling Jepsen. He writes about a decidedly NOT happy childhood just a little south of Kolding in several books: Dreck am Stecken (2004, dt. 2006); Fürchterlich glücklich (2004, dt. 2010); Die Kunst im Chor zu weinen (2002, dt. 2007). Dark, Danish, with understated tragic comedy.

Knud Romer is of the same tradition. The story of growing up in small town Denmark – after WW2, with a German mother and the challenges and stigma that presented back then. Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod (2006, dt. 2007).

Denmark as a whole feels quite responsible for how the people of Greenland have been treated during the time Greenland has been part of the Danish Kingdom. Kim Leine has received great acclaim for his books about the life in Greenland – harsh books and a beautiful gripping writing style. Die Untreue der Grönländer (2009)

A female take on contemporary Danish novels: Helle Helle, Die Vorstellung von einem unkomplizierten Leben mit einem Mann (2002, dt. 2012); Ida Jessen, Wie ein Mensch (dt. 2003).

We have some excellent writers of children´s books in Denmark. Danes at the moment like children´s stories that deal with serious topics in a way that includes humour and a belief that children are capable of handling “big things” – also the things we don´t like to talk and think about. Two extremely popular authors: Jakob Martin Strid, Ein kleiner Frosch macht Ärger (2017); Herr Rumpelpumpel fliegt weg (2013). Kim Fupz Aakeson, Erik und das Opa-Gespenst (2005); Hugo und Hassan (2021).

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KOLDING Kategorien beim Ausstellen

Im Museum Trapholt wird eine große Ausstellung mit Raumgestaltungen von Verner Panton vorbereitet. Nina gibt mir eine Führung. Leider hat sie wenig Zeit, weil der Besuch von Marianne, der Witwe Pantons, erwartet wird. Mir ist jedoch unser Gespräch über das gleichberechtigte, nicht zuordnende Ausstellen von Kunst und Design in Erinnerung, wie es im Museum Trapholt praktiziert wird und wie es, Nina zufolge, in den angelsächsischen Ländern, schon gar aber im fernen Osten selbstverständlich sei.

Für die Ausstellung in Delmenhorst bemale ich eine Platte mit einem Teppichmuster Pantons.

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KOLDING Sensommervise

Am ersten Morgen in Kolding besuchen mich Finn und Herdis, die vor vielen Jahren mit einer Volkstanzgruppe in Delmenhorst zu Gast waren. Diese Gruppe wurde 1932 gegründet, gemeinsam mit vielen anderen Volkstanzgruppen, angeregt durch die Sammlung von Tänzen und Musik aus allen dänischen Provinzen Ende der zwanziger Jahre. Ich versuche, mir die Reiseumstände dieses Sammelns vorzustellen, die Verkehrsmittel, Versammlungsorte und Aufzeichnungstechnik. Die meisten Tänze hätten sich aus den Tänzen des französischen Hofes entwickelt, der bekanntlich lange Zeit stilbildend für die Höfe anderer Teile Europas war, und seien von den Höfen ins allgemeine Kulturgut übergegangen. Wenn der höfische Tanz zum Volkstanz wurde, was war da vorher?

Heute gehen Finn und Herdis zu einem Vortrag im OK-Klubben.  Jeder Nachmittag im OK-Klubben wird begonnen und beendet mit einem Lied. Das wäre ihnen bei Besuchen in Deutschland aufgefallen: In Dänemark wird mehr gesungen.

Die These scheint sich zu bestätigen. Morten weist mich bei seiner Führung durch das Dänische Museum der Krankenpflege auf das Klavier hin, das zum Inventar jedes dänischen Krankenhauses gehörte und in dessen Begleitung die Schwestern früher morgens und abends für die Patienten sangen.

Ein wichtiges Liederbuch ist der Højskolesangbogen, erstmals veröffentlicht 1894, heute in seiner 19. Auflage. Es wird herausgegeben von der Folkehøjskole, dem dänischen Beispiel aller Volkshochschulen, begründet von N. F. S. Grundtvig, nach dem Stiftungen, Vereine und EU-Programme benannt sind. Sein Name verbindet sich mit der Idee des lebenslangen Lernens aller und einer pädagogischen Beziehung, bei der jeder Lehrer und Schüler ist.  Das Vertrauen auf unhierarchische Beziehungen und das Gemeinwohl ist präsent in Kolding, schwer zu beschreiben, unauffällig, entspannend.

Im Museum Trapholt werde auch heute jede Woche mit gemeinsamem Singen begonnen, sagt Rikke. Dann singt sie mir die ersten Zeilen von Sensommervise vor, dem Sommerhit von 2021.

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KOLDING Architektur

Vom Rathausturm hat man einen Überblick über die Stadt. Die alten Innenstadtstraßen, der Hafen, und unweit des Hafens die ambitionierten Neubauten der Hochschulen und Unternehmen.

Es ist Nachmittag und verschiedene Ruderclubs machen sich bereit zum Jugendtraining auf dem Fjord. Ich zeichne die schöne Architektur eines Studentenwohnheims, in Neugier darauf, ob sie sich auf der Zeichnung unterscheiden lässt von einer Zeichnung eines beliebigen Plattenbaus.

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KOLDING Familie Udsen

Als ich die lutherische Kirche St. Nicolai besuche, stehe ich lange vor einem Gemälde im Vorraum. St. Nicolai ist Koldings älteste Kirche. Das Gemälde zeigt einen Mann, eine Frau und viele Kinder, einige davon haben die Augen geschlossen und die Hände zueinander gelegt, vier puppenkleine Wickelkinder liegen auf roten Kissen vor ihnen.

Das Bild bleibt mir in Erinnerung und Monate später frage ich beim Gemeindebüro von St. Nicolai an.

Abgebildet ist die Familie von Dorthe Povelsdatter und Peder Udsen, Ratsherr und Kaufmann, mit den 11 Kindern, die sie bekommen haben. Als das Bild um 1650 gemalt wurde, waren noch vier der Kinder am Leben. Die übrigen Kinder sind in dem Alter gemalt, in dem sie gestorben sind.

Der Architekt Jørn Utzon, der unter anderem die Oper von Sydney entworfen hat, ist ein Nachkomme dieser Familie.

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KOLDING Landschaften

Aquarell, in Nachahmung des Bildes einer Dünenlandschaft aus dem Zimmer der Krankenschwester

Das Dänische Museum zur Geschichte der Krankenpflege zeigt ein schmales Zimmer, wie es Krankenschwestern in den 40er oder 50er Jahren bewohnt haben könnten, als es noch Teil ihres Vertrages war, vor Ort im Krankenhaus zu leben. Zwischen Bett und Lesesessel hängt das Aquarell einer Dünenlandschaft. Ein beiläufiges Bild einer naheliegenden Landschaft. Für die Ausstellung in Delmenhorst male ich eine Kopie.

Matilda Felix schreibt zur Entwicklung der Landschaftsmalerei:

Die Darstellung von Landschaft in der Malerei hat sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts radikal verändert. Der Grund war sehr simpel: Durch die Erfindung von Farbtuben wurden Malutensilien transportabel. Künstlerinnen und Künstler mussten ihre Ölfarben nicht mehr nach Bedarf anrühren und verbrauchen, bevor sie austrocknen. Sie konnten sie in Tuben oder auch in Aquarellkästen überall mit hinnehmen und vor Ort malen. Das veränderte den Blick auf die Natur. Landschaften, die traditionell im Atelier entstanden, waren häufig symbolisch aufgeladene Werke, in denen Perspektiven, Proportionen und Lichtsetzungen bedeutungsvoll inszeniert wurden. Der Wanderer von Caspar David Friedrich (um 1817), der einsam auf einer Felsspitze stehend auf ein Nebelmeer herabblickt, wird beispielsweise als ein Sinnbild auf einen menschlichen Lebensweg interpretiert, dessen zukünftiger Verlauf nie vorhersehbar ist. Äußere und innere Stimmungen werden hier miteinander verschränkt, die Landschaft wird dem subjektiven Blick unterworfen, es gibt eine religiöse, oft auch eine politische Dimension der Darstellung. Denn Landschaften sind immer auch Territorien und in ihrer blühenden Version werden sie gerne benutzt, um ein gutes Regiment zu demonstrieren.

Indem der Produktionsort ins Freie verlegt wurde, verlagerte sich auch das Interesse weg von der Allegorie hin zur Darstellung einer unverwechselbaren Landschaft. Licht und Schatten, Farben und Perspektiven wurden so genau beobachtet, dass nicht nur Regionen und Landstriche, sondern auch spezifische Wetterphänomene, Jahreszeit oder auch Tageszeiten erkennbar wurden.

Eine zweite Bedingung für das neue Interesse an Naturdarstellungen war das Reisen. Mit der zunehmenden Mobilität, mit der Ausbreitung von Dampfschiffen, Eisenbahnen, Fahrrädern und Automobilen wurden Ausflüge und Reisen für mehr Menschen erschwinglich. Diese neue Freizeitkultur förderte eine Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt und die Nachfrage nach Landschaftsbildern.

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KOLDING Bürgermeisterkette

Alle Bürgermeister von Kolding werden gemalt, bevor sie ihr Amt verlassen. Der derzeitige Bürgermeister Jørn Pedersen stellt sich nicht wieder zur Wahl, und so wurde auch sein Portrait in Auftrag gegeben.

Ich werde eingeladen, die Bürgermeisterkette zu tragen, die zu diesem Zweck geholt wird. Auch die Bürger von Kolding dürfen sie am Tag der offenen Tür tragen. Mit dem Tragen der Bürgermeisterkette leiten wir die Übergabe der Gastgeschenke ein und besuchen den Raum, in dem die Gastgeschenke präsentiert werden, japanische, arabische, palästinensische und kubanische Geschenke neben denen aus Delmenhorst. Koldinger Delegationen nehmen gern Handtücher aus Damast mit, wenn sie auf Reisen gehen, gewebt für Georg Jensen Damask, ein traditionsreiches lokales Unternehmen. Ein Handtuch wird nicht überall als angemessenes Geschenk empfunden, da man es mit privaten, zu den Frauen gehörenden Lebensbereichen verbindet. An diesem Tag wird der Besuch eines kubanischen Botschafters erwartet, weshalb man im Flaggenzimmer nach der passenden Flagge sucht.

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KOLDING Stickereien der dänischen Königin

Im Koldinghus sehe ich eine Ausstellung mit Stickereien der dänischen Königin. Mich beeindruckt ein langes Tischtuch, bestickt mit Gerichten eines Banketts: Austern, Geflügel und gefüllte Birnen, Spargel und Fische, gekochte Schinken, Brötchen und Pralinen.

Matilda Felix schreibt zu stickenden Königinnen:

Das 19. Jahrhundert war in Europa geprägt durch die Industrialisierung. Quasi als Gegengewicht zu den damit verbundenen sozialen Krisen entwarf der Historismus eine romantisch verklärte Version des mittelalterlichen Alltags. Das lässt sich in der Architektur, in der Literatur und auch in der Kunst nachverfolgen. Zum romantischen Blick des 19. Jahrhunderts auf das Mittelalter gehörte die stickende Königin als Komparsin jedes erfolgreichen Regenten. Diese Vorstellung hatte nichts mit der mittelalterlichen Realität zu tun, soviel ist inzwischen klar. Die Kunstgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts war aber dennoch überzeugt, dass Kaiserin Kunigunde am Beginn des 11. Jahrhunderts ein Bamberger Kaisergewand stickte, den sogenannten Kunigundenmantel, der ihren Gatten, Kaiser Heinrich II., als Retter der Menschheit inszeniert. Königin Gisela von Ungarn wurde zur Herstellerin des ungarischen Krönungsmantels, ebenfalls ein Produkt des 11. Jahrhunderts. Und Königin Mathilde zur Produzentin des Teppichs von Bayeux, der die Invasion ihres Ehemanns – Herzog Wilhelm II. der Normandie, genannt Wilhelm der Eroberer – in England illustrierte. Dass der Teppich von Bayeux Ende des 11. Jahrhunderts als Auftragsarbeit in einem englischen Kloster entstand und sehr wahrscheinlich von Mönchen produziert wurde, spielte in der späteren Rezeption keine Rolle. Zu eingängig war das Image der stickenden Königin. Heute sind textile Techniken als künstlerische Arbeitsweisen omnipräsent. Und dennoch ist es sicher kein Zufall, dass die dänische Königin in den herausfordernden Pandemie-Jahren als passionierte Stickerin in den Vordergrund tritt. Sie zeigt damit nicht nur ihr privates Hobby, sondern reproduziert ein vertrautes Vorbild, das familiären Zusammenhalt und die Tugend der Geduld gleichermaßen zelebriert.

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KOLDING isbjørn

Unweit des Bahnhofs nutzt ein Geschäft für Retrodesign die Ladenfront eines Bankgebäudes. Im Schaufenster steht ein Eisbär aus Porzellan. Ich kaufe diesen isbjørn, gestaltet von Knut Kynh, hergestellt von Bing & Grøndahl, Kopenhagen. Die Porzellanfabrik Bing & Grøndahl ist 1987 mit ihrem größten Konkurrenten, der Königlichen Porzellan-Manufaktur, zu Royal Kopenhagen fusioniert.

Es ist eine dänische Tradition, Porzellanfiguren zu verschenken, die Berufsgruppen darstellen. Im Museum der Krankenpflege etwa habe ich Figuren von Krankenschwestern gesehen. Sie wurden gern zum Abschluss einer Ausbildung verschenkt. Porzellanfiguren kommen wieder in den Handel, wenn ein Hausstand aufgelöst wird. Den Eisbären hat eine Frau verkauft, die aus einem großen Haus in eine kleine betreute Wohnung gezogen ist. Sie habe eine weitere, kleinere Eisbärenfigur gehabt, die sie mitgenommen habe. Eine Zeit lang stand der Eisbär in meiner Wohnung, neben dem Esstisch. Alle bewunderten den Eisbären. Ich halte ihn für besonders dänisch, weil er an die koloniale Verbindung Dänemarks zu Grönland erinnert.